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Geführt wurde das Interview mit Petro Tyschtschenko (damaliger Präsident der AMIGA International, Inc.) im August 1998 und wurde in der NoCover 56 des APC&TCP veröffentlicht.

Interview: Amiga International, Inc.

Es wurde auf der WOA gesagt, daß binnen 4 Wochen genaueres zum Amiga NG bekannt gegeben würde. Nun sind diese 4 Wochen längst verstrichen und nichts wurde gesagt. Noch nicht mal aktuellere News sind auf der Homepage von Amiga Inc. zu finden. Aktuell ist immer noch die Ankündigung von der WOA, mit Datum Ende Mai. Tut sich da einfach nichts oder ist alles streng geheim, so daß man der Öffentlichkeit nichts sagen kann?

Wie Sie sicher wissen, ist die Firma Amiga in 2 verschiedene Verantwortungsbereiche von der organisatorischen Struktur her aufgeteilt worden.

  • AMIGA International, Inc. in Langen, ist für das gesamte Vertriebs & Marketing weltweit zuständig, mit dem Ziel alle zur Zeit existierenden Amiga Inventuren zu verkaufen, um Platz für neue Produkte zu schaffen. AMIGA International, Inc. untersteht meinem Verantwortungsbereich.
  • Amiga Inc. in Sioux City, South Dakota in USA ist für die Entwicklung neuer Produkte zuständig und steht unter der Leitung von Jeff Schindler.

Natürlich hat Jeff mit mir ein enges Kommunikationssystem aufgebaut. Amiga Inc. hat in der Vergangenheit viele Modelle durchdacht, die auch mit Gateway, unserer Muttergesellschaft, diskutiert wurden. Entwicklungsabteilungen sind kostspielig und sehr Zeitaufwendig. Aus diesem Grunde wurden diverse Pläne immer wieder Verworfen und neue Pläne angedacht. Unserer Informationspolitik soll sich von der Informationspolitik von Commodore oder Escom unterscheiden. Wir wollen Fakten bringen, die nicht alle 14 Tage wieder dementiert werden müssen. Das ist auch der Grund warum bisher mit Details sehr vorsichtig umgegangen worden ist. Amiga Inc., die auch für die Informationspolitik verantwortlich ist, hat schon die ersten Federn lassen müssen, als seinerzeit die Fragen und Antworten von Joe Torre* dem neuen Konzept komplett entgegengelaufen sind.

*Anmerkung: Joe Torre arbeitet nicht mehr für Amiga Inc. Er soll aber weiterhin mit Amiga Inc. in Kontakt stehen. Gerüchten zu Folge, sieht Hardwareentwickler Torre bei einem Softwareunternehmen wie Amiga Inc. keine Zukunft mehr. Er soll jetzt beim neuen MMC mitarbeiten.

Mittlerweile wurde auch in einigen PC-Boulevardblättchen über die Pläne Amiga Inc.'s berichtet. Was eigentlich auch ganz positiv ist, nur - sollte jetzt nicht bald etwas geschehen, dann wäre eine Blamage perfekt. Warum wurde von Amiga Inc. eigentlich zuerst behaupet, daß PPC die Zukunft sei, nur um wenig später auf der Messe zu sagen: Komplett neugestalteter Superamiga, allerdings ohne PPC... Wird es diesen Amiga-bridge eigentlich jetzt auch für PPC geben oder bleibt es bei dieser "umstrittenen" Wintel/Amiga-Symbiose?

Nach meinem Kenntnisstand will die Entwicklungsabteilung das Konzept PPC nicht weiter verfolgen.

Es geistern mittlerweile ja offizielle Bilder durchs Internet, die das neue AmigaOS zeigen sollen. Sind dies "echte" Bilder des kommenden OS, oder nur "Grafiken", die erstellt wurden damit der "Gemeinde" etwas vorgezeigt werden kann?

Erklärtes Ziel unserer Entwicklungsabteilung ist es, das existierende Amiga Betriebssystem 3.1 zu überarbeiten und spätestens im November 98 auf der Kölner Messe "Computer 98" eine Beta Version der Amiga Gemeinde zu demonstrieren. Was das neue OS anbelangt, so plant man zur Computer 98, für die Entwickler eine Entwickler Version bereitzuhalten, die PC kompatibel ist. Die endgültige Version des neuen Amiga OS (Amiga OS 5.0) soll Ende nächsten Jahres mit einer völlig neu konzipierten Hardware verfügbar sein.

Böse Zungen behaupten im Internet immer wieder, daß die Aufgabe von Amiga International, Inc. nur noch der Abverkauf der letzten Lagerbestände der A1200 und der A4000 sei.

Wie bereits eingangs gesagt, besteht meine Aufgabe darin die existierenden Inventurbestände abzuverkaufen, um somit Kapazitäten für neue Produkte zu schaffen.

Warum wird bei Amiga International, Inc. eigentlich mit Wintels gearbeitet und nicht mit Amigas?

Mein Ziel ist es, jedes Hilfsmittel zu verwenden, und sei es den PC, um unseren Amiga zu stärken. Aus diesem Grunde werden natürlich in unserer Organisation neben Amigas auch PCs eingesetzt genauso wie andere Kommunikationsmittel, z.B. Fax, E-Mail und Telefon.

Warum ist in der Oldie-Parade auf ihrer Homepage eigentlich nicht auch der A1200 und der A4000 aufgeführt? Sooo modern sind diese nun ja auch nicht mehr...

Unsere derzeitigen Produkte sind der A1200 und der A4000. Deshalb führen wir diese beiden Geräte nicht in unsere Oldie-Sparte auf. Es gibt nun mal momentan keine neuen Produkte und ich persönlich bin überglücklich, daß es mir möglich war, den Amiga über 2 Konkurse hinweg mit Hilfe der Amiga Gemeinde am Leben zu halten.

Erst hieß es, es gibt ein OS 3.5, dann wurde dieses gestrichen und nun wird gesagt, daß es doch noch kommt, und zwar verwirklicht von Haage & Partner.

Zum Thema OS 3.5 habe ich bereits Stellung genommen.

Wie läuft eigentlich der Verkauf der letzten "Mohikaner" in Gestalt der A1200 und A4000? Besteht überhaupt noch Interesse an Computern, die man erst nach einigem aufrüsten vernünftig benutzen kann?

Es wird zunehmend schwieriger unser Magic Pack A1200 zu vermarkten. Wir konzentrieren uns auf Länder, wie den Ostblock, Indien, Pakistan, Sri Lanka und Bangladesch. Wir bieten Lösungen für die Videoverarbeitung an. Es werden überwiegend unsere Amiga Motherboards gekauft. Unsere Motherboards werden in allen erdenklichen Arten von Steuer-, Kommunikations- und Entertainmentgeräten eingesetzt.

Immer mehr Firmen wenden sich vom Amiga ab. Wie will man diese Erscheinung konkret bekämpfen? Sollte es nämlich so weitergehen, dann wird beim Erscheinen eines Amiga NG keine Firma mehr vorhanden sein, die Software dafür entwickeln kann...

Leider wenden sich viele Leute von dem Amiga ab, da seit 1991 keine Neuentwicklungen mehr stattgefunden haben. Ich bin mir aber auch darüber im Klaren, daß wir mit einem revolutionären Produkt viele ehemalige Amiga User, die zwangsläufig den PC einsetzten müssen, wieder zurück erobern können.

Werden konkrete Versuche unternommen, nicht nur verbliebene Entwickler "bei der Stange zu halten", sondern auch schon gegangene Entwickler "zurück ins Boot zu holen"?

AMIGA Inc. hat für die Weiterentwicklung Entwickler, die der Faszination wegen mit dem AmigaOS und der Amiga Technologie arbeiten.

Wann gibt es denn etwas handfesteres als Gerüchte zum Amiga NG? Können sie einige Eigenschaften nennen, die der neue Amiga definitiv haben wird?

Der neue Amiga soll laut unserer Entwicklungsabteilung folgende Features haben:

  • Real-time decode of multiple MPEG II steams
  • 400 Mpixel/sec 3D engine with MIP-mapping, perspective correct texturing and filtering algorithms
  • Powerful 2 D engine
  • AC-3 Audio
  • Capable of supporting new digital communications standards

Was bekommt denn der Besucher der Messe in Köln auf dem Stand von Amiga International, Inc. zu sehen: Wieder ein hübsches Towergehäuse in dem nichts drinsteckt, oder diesmal richtige "harte Ware"? Und: wird auch Amiga Inc. vertreten sein und genaueres zur Zukunft verkünden?

Auf der Kölner Computer 98 werden neben unseren Lizenznehmern auch Amiga Inc. mit Neuigkeiten überraschen. Ich bin sicher, daß der AHA Effekt nicht ausbleiben wird.

Was wurde eigentlich aus dem Walker?

Walker war ein Escom Projekt und bringt aus heutiger Sicht keine revolutionierende Neuigkeit, so daß das Projekt von unserer Entwicklungsabteilung nicht weiter bearbeitet wird.

Als Escom den Amiga gekauft hatte, wurde auch schon bald an der Zukunft gearbeitet und gesagt, daß der nächste Amiga mit PPC kommen würde: war dies nur ein Planspiel oder wurde damals schon Konkretes verwirklicht?

Die Strategie von Escom war, den PPC voranzutreiben. Es liefen unter Escom eine Menge Gespräche mit Motorola, da auch das Betriebssystem OS 3.1 komplett auf PPC portiert werden sollte.

Wie ist eigentlich die Unterstützung seitens Gateway? Haben die Amiga nur aufgekauft und sagen nun: "macht mal!" oder gibt es konkretere Unterstützung? Immerhin sollte ein Gigant wie Gateway doch Kontakte zu gewissen Herstellern haben...

Die Zusammenarbeit mit Gateway, Inc. ist von meiner Seite aus phantastisch. Wo immer Unterstützung notwendig ist, wird geholfen. Allerdings gehört es zur Unternehmenspolitik von Gateway, Inc., und ist ausdrücklicher Wunsch des Vorstandsvorsitzenden, das AMIGA International, Inc in der Öffentlichkeit vollkommen selbständig auftreten soll.

Wie haben Sie es eigentlich aufgenommen, daß im Amiga Magazin, bevor es zur lebenden toten Beilage eines mittelmäßigen PC-Boulevardblättchen degeneriert ist, in diesem "legendären" Editorial, versucht wurde der Amigagemeinde klarzumachen, daß der Amiga keine Zukunft mehr hätte und man sich doch gefälligst einen Wintel kaufen soll?

Ich war natürlich entrüstet. Auf der anderen Seite bin ich natürlich über jedes Amiga Magazin froh, daß, was es auch immer publiziert, am Leben bleibt. Wie Sie wissen, sind alle existierenden Amiga Zeitschriften selbständig und unterliegen nicht dem Einfluß von Amiga.

Gibt es noch etwas, das Sie der dürstenden Amigagemeinde mitteilen wollen?

Zu guter letzt möchte ich mich noch mal in aller Herzlichkeit bei allen Amigianern bedanken. Ihre Geduld, ihr Einsatz in User Groups, ihre Eigeninitiative, die bis hin zur Selbstaufgabe geht, ihr Zusammenhalt und ihre kritische aber kompetent Meinung neben dem professionellen technischen Verständnis, ist für mich immer wieder beispiellos in unserer heutigen Computer Welt. Bitte gebt auch nicht auf, ich habe es in schweren Zeiten nie getan und habe immer die Amiga Fahne hochgehalten. Lang lebe Amiga Petro Tyschtschenko

Ich bedanke mich mal wieder für ein Interview und hoffe (wie auch wohl die ganze Gemeinde), auf eine ruhmreiche Zukunft des Amigas, wider dem Monopol gewisser Institutionen...

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Stand: 19.12.2014